Herausgeber: Geschichtsverein für Kärnten
Zweites Halbjahr 2008
S. 33 - 38
EINE KÄRNTNER
UNTERNEHMERDYNASTIE:
DIE EGGER
Handelsherren - Eisentycoons - bourgeoise Bonvivants
Werner Drobesch und Martin Stermitz
Als am 6. Dezember 1904 Franz Xaver Alois Emanuel Graf von Egger im adriatischen Nobelkurort Abazzia (Opatja) verstarb, bedeutete dies das Ende einer sich über mehrere Generationen erstreckenden Erfolgsgeschichte. Bis in die 1870er-Jahre war die Unternehmerfamilie der Egger gleichwertig - wenn nicht sogar dominierend - neben anderen erfolgreichen Kärntner Eisengewerken, etwa den Christalnigg, den Pfeilheim, den Dickmann-Secherau, den Gebrüdern Rauscher oder den Rosthorn, gestanden.
Begonnen hatte der ökonomische und gesellschaftliche Aufstieg der Familie noch während der Wirtschaftskrise des 17. Jahrhunderts, die auch am Montanwesen nicht spurlos vorüberging. Ungeachtet der schwierigen Lage für die Montanwirtschaft erkannte Paul Egger (der Ältere) (gestorben l700) die Möglichkeiten, die die Krise bot. Ehrgeizig, fleißig und kreativ, ausgestattet mit reichen Kenntnissen über das Eisenwesen, darüber hinaus über gute Kontakte zur landesfürstlichen Administration verfügend, legte Paul (d. Ä.) als Handelsherr im steirischen Leoben das Fundament für den wirtschaftlichen Aufstieg. Ursprünglich noch mehr Händler als Produzent, interessierte er sich zunehmend für die Eisenproduktion. Es galt, die Schranken des Kleinbetriebs zu durchbrechen.Ein erster Schritt in diese Richtung war die Erweiterung des bestehenden Unternehmensbesitzes durch den Ankauf von Hammerwerken (Vordernberg, Pols, Niederwölz) zur Verarbeitung des Roheisens. Damit eröffnete sich ihm ein neues unternehmerisches Tätigkeitsfeld. Dieses orientierte sich nicht ausschließlich am einheimischen Markt, sondern suchte die internationale Herausforderung; und das mit Erfolg. Paul (d. Ä.) lieferte gut und billig. Am Ende seines langen Lebens stand er, was die ökonomische Potenz seines Betriebes betraf, bereits an der Spitze der steirischen Eisengewerken.
Nahtlos setzte sein gleichnamiger Sohn, Paul (der Jüngere) (1658-1733), den eingeschlagenen Weg fort. Paul (d. J.), ein „kluger Handelsherr", aber auch ein „Familienpatriarch", bewies sehr rasch, dass ihm die Schuhe seines Vaters passten. Unternehmerisches Geschick zeichnete ihn aus. Im rechten Augenblick erkannte er, was zu tun war: den Einstieg in die Produktion größeren Stils zu wagen. Das gelang, als er 1698 von Hieronymus Policarp Neppelsberg das Gut Treibach einschließlich der Floßhütte und der Erzgruben in Hüttenberg erwarb. Dies bedeutete in der Familiengeschichte einen Markstein. Mit dem Kauf des Treibacher Komplexes verlagerten sich die unternehmerischen Interessen der Familie nach Kärnten. Bald hatte man sich erfolgreich in das Geflecht der großen Kärntner Gewerkenfamilien eingefügt. Mit dem Erwerb Treibachs verbunden war der Aufstieg unter die Großen im innerösterreichischen Eisenwesen. Sowohl am Hüttenberger Erzberg als auch in Vordernberg waren die Egger im Bergbau und in der Produktion verankert. Treibach entwickelte sich zu einem Musterunternehmen. Hier stand ein moderner Floßofen, der das aus Hüttenberg angelieferte Erz,
wo man bald 13 Stollen besaß, verarbeitete. Das produzierte Eisen war von hoher Güte. Paul (d. J.) richtete - hier zeigte er wie sein Vater die Eigenschaften eines Wirtschaftspioniers - das Augenmerk auf Betätigungsfelder, die Zukunft hatten. Das war die Verbindung von Rohstoffgewinnung und Weiterverarbeitung, verbunden mit der Einführung moderner Technologien und einem entsprechenden Vertrieb. Pauls (d. J.) Tod 1733 bedeutete für das Unternehmen einen tiefen Einschnitt; es wurde unter den beiden Neffen aufgeteilt. Erstmals zersplitterte sich der Familienbesitz. Weitere Teilungen folgten später.
Ferdinand (1693-1753) übernahm die Kärntner Besitzungen - die Leitung von Treibach hatte er bereits seit 1730 inne - und Teile der steirischen Hammerwerke, der Restbesitz in der Steiermark fiel an Joseph. Mit Ferdinand, der den Ausbau des Kärntner Unternehmens forcierte, übernahm ein neuer Unternehmertyp das Firmenruder. Er war Jurist und Beamter auf der mittleren Verwaltungsebene (in der innerösterreichischen Zentralbehörde in Graz), Eisenproduzent, Verleger und „networker" mit besten Kontakten zur Politik. An der Produktpalette veränderte er wenig. Erzeugt wurden nach wie vor Eisen und Stahl. Beides fand den Weg ins Ausland, bis in die Zeit der napoleonischen Kriege großteils nach Italien und in die Levante. Der Export war ein gewinnbringendes Geschäft, das Vermögen vermehrte sich. Es überrascht daher nicht, dass der hinterlassene Güter- und Montanbesitz einschließlich des Kapitalvermögens bei Ferdinands Tod 270.000 Gulden ausmachte. Durch weitere Ankäufe (u. a. Gut Rosenbichl, Wullroß und Thum) war der Kärntner Besitzstand erheblich erweitert worden. Auch in der Steiermark blieb man weiterhin verankert. Die Eisenhandlung in Leoben mit einem Kundenstock von Eisenhändlern in Triest und Venedig bildete noch immer einen wichtigen Pfeiler im Egger'schen Unternehmen.
Das sollte sich unter seinem Sohn und Nachfolger Maximilian Thaddäus („Max") (1733-1805) ändern. Mit der Erhebung in den Freiherrenstand (1760) fügte sich dieser in jene fur die wirtschaftliche Entwicklung Kärntens in theresianisch-josephinischer Zeit so bedeutsame „zweite Gesellschaft" ein. Max setzte jene Schritte, die das Egger'sche Eisenimperium in neue Höhen führte. Seine Strategie lautete, nicht nur den Rohstoff herzustellen, sondern die Verarbeitung (zu Halbfabrikaten) und die Vermarktung auszubauen. In diesem Sinne kaufte er zu den vorhandenen Hammerwerken weitere hinzu: 1779 die Werke Obere Vellach bei Villach sowie - schlechthin der Coup - 1791 die Gewerkschaft Lippitzbach. Diese rundete den Mittel- und Unterkärntner Besitz ab. In Lippitzbach errichtete Max 1793 das erste Walzwerk der Monarchie. Mehrere Jahre lang war es in Mitteleuropa einzigartig. Hinter diesem Erfolg stand ausländisches Know-how. Es waren englische Ingenieure (Thomas Lightowler, W. E. Sheffield, William Baildon), die das Lippitzbacher Werk durch den Einsatz neuer Technologien zu einem höchst rentablen Unternehmen machten. „Innovation" lautete die Devise, die sich Max auf seine Fahnen geschrieben hatte. Mit neuen Fertigungsmethoden und neuartigen Eisenprodukten drang man in Nischenbereiche ein. Das war u. a. auch der 1807 gewagte Einstieg in die Weißblechproduktion. Parallel dazu erhöhte man die Leistungsfähigkeit im Treibacher Werk. Binnen eines Jahrzehnts gelang es, die Produktion bei Senkung der Gestehungskosten zu verdoppeln (1769: 12.730 Meiler Roheisen; 1778: 24.454 Meiler Roheisen). Max wusste aber auch um die künftige Bedeutung der Ressource Wald für die Brennstoffversorgung der Hochöfen. Eine Produktionssteigerung war nur mit entsprechender Holzbasis möglich. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf fügte er seinem Unternehmenskomplex zahlreiche (Wald-)Herrschaften ein: 1775 das Kastenamt Griffen, die Herrschaften Ehrenegg, Wallersberg und Weissenegg, 1788 die Herrschaft St. Georgen, am Längsee, die aufgrund ihrer Nähe zu Treibach eine überaus sinnvolle Ergänzung darstellte, sowie am Ende des 18. Jahrhunderts noch die Herrschaften Haimburg, Niedertrixen und Thalenstein. Letzteres wurde unter Max Egger zu einem geistig-kulturellen Zentrum Kärntens. Im Thalensteiner Schloss traf sich die aufklärerische Avantgarde des Landes. Um weitere Synergien zu schaffen, bemühte er sich um eine Intensivierung des Handelsgeschäftes. Hierzu gründete man in Triest eine Niederlassung, war doch die Stadt an der Adria mit ihren Negotianten der österreichische Exporthafen. Dieser Versuch misslang. Bald wurde die Aussichtslosigkeit des Unternehmens evident. Nach rund zehn Jahren war das Triester Engagement beendet. Ungeachtet dessen war unter Max Egger ein für Kärntner Verhältnisse ansehnliches, verzweigtes Wirtschaftsimperium entstanden. Rohstoffgewinnung, Verarbeitung und Handel ergänzten einander. In Verbindung mit den Grundherrschaften war Egger zum „reichsten ... und gebildetsten Gewerken" (Brigitte Andel) des Landes geworden. Das schlug sich 1785 in der Erhebung in den Grafenstand nieder.
Mitten in den napoleonischen Kriegswirren, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, entschloss er sich — 64 Jahre alt - zur Besitzübergabe an die beiden Söhne Franz und Ferdinand. Auf sie kamen wirtschaftlich harte Jahre zu. Durch die napoleonischen Kriege litten Produktion und Handel. Zwischen 1796 und 1799 war man nicht mehr imstande, dem Direktor des Lippitzbacher Werkes sein Gehalt zu bezahlen. Die Stürme gingen jedoch vorüber; Krieg, Inflation und der Staatsbankrott von 1811 wurden letztlich heil überstanden.
Durch die Aufteilung unter Max Eggers Söhnen entstanden zwei voneinander unabhängige, ganz auf Kärnten ausgerichtete Wirtschaftskomplexe: Franz (1768-1836) als Vertreter des Treibacher Zweiges erhielt die Herrschaften St. Georgen am Längsee, das er zu seinem Lebensmittelpunkt machte, und Wallersberg, weiters Güter und Gülten in Mittelkärnten (u. a. Rosenbichl, Hardegg, Wullroß und diverse andere), das Treibacher Werk mit den Bergrechten am Hüttenberger Erzberg sowie das Hammerwerk in Obere Vellach. Ferdinand (1772-1805), ab nun an der Spitze des Lippitzbacher bzw. Feistritzer Zweiges, wurden die restlichen Besitzungen übertragen. Dazu zählten die Herrschaften Ehrenegg, Weissenegg, Griffen, Haimburg, Thalenstein und Niedertrixen, ferner die Werke Lippitzbach und Feistritz im Rosental.
Rasch gelang es nach 1815, die Unternehmen in ruhigere Gewässer zu führen und bei guter Konjunktur an frühere wirtschaftliche Erfolge anzuschließen. Die Innovationsfreudigkeit der Egger war bahnbrechend. So ließ der Sohn Ferdinands, Ferdinand Franz (1802-1860), das 1821 gänzlich erworbene Feistritzer Werk zum ersten Drahtwalzwerk der Monarchie ausbauen. Dass Treibach über die Maßen gut bilanzierte, lag an den ständigen technischen Verbesserungen, wie etwa dem 1802 auf Betreiben des Fabriksdirektors Josef Rabitsch errichteten doppelten Kastengebläses. Mit diesem konnte der Holzkohleverbrauch um 65 Prozent gesenkt und die produzierte Menge um 50 Prozent gesteigert werden. Das verringerte die Produktionskosten und erhöhte die Produktivität. Treibach war ein Herzeigeunternehmen, das 1831 30.496 Tonnen Roheisen und 71,6 Tonnen Gusseisen erzeugte. Ende der 1830er-Jahre zählte der Treibacher Standort 220 Beschäftigte. Anerkennung und Auszeichnungen blieben nicht aus. Bei den Industrieausstellungen in Klagenfurt (1838) und Laibach (1844) erhielten die präsentierten Produkte eine Goldmedaille, auf der Wiener Industrieausstellung (1839) eine Silbermedaille. Obwohl der Betrieb zu diesem Zeitpunkt noch florierte, brauten sich am Horizont erste dunkle Wolken zusammen. Das lag gar nicht an einer mangelnden Nachfrage. Im Gegenteil: Der Eisenverbrauch nahm zu, und auch die Produktion erhöhte sich. Allerdings geriet die Kärntner Montanindustrie am einheimischen wie europäischen Markt in Bedrängnis. Die böhmischen Eisenanbieter etwa produzierten billiger und boten ihre Waren preisgünstiger an; gleiches galt für englische und schwedische Produzenten. So hatte sich in der Levante um 1840 die Nachfrage nach Kärntner Kistenstahl durch die schwedisch-englische Konkurrenz dermaßen vermindert, dass die erzeugten Waren sogar zum Selbstkostenpreis nicht mehr zu verkaufen waren. Die Konsequenzen blieben auch für die Egger'schen Hammerwerke nicht aus. Sieht man vom Treibacher Werk ab, überwogen in den Betriebsbilanzen mehr und mehr rote Zahlen. Die Bemühungen, dem Abwärtstrend entgegenzusteuern, brachten bestenfalls Teilerfolge - und das nur kurzfristig. Manches verursachte sogar nur Kosten. So begann Ferdinand Franz 1837 in Lippitzbach mit der Schwarzblecherzeugung und 1845 mit der Drahtproduktion. Beide Produktionssegmente verbesserten nicht die Ertragslage. Auch die Errichtung eines Hammerwerks 1853/54 in Pischeldorf/Freudenberg mit Torffeuerung brachte nicht die erhoffte Wende. Die neuen Technologien und Rahmenbedingungen für die Produktion, gepaart mit einem zunehmenden Preisdruck auf dem einheimischen wie inrernationalen Markt, machten es immer schwieriger, letztlich unmöglich, Gewinne zu verbuchen.
Unberührt von den ökonomischen Schwierigkeiten blieb das politische, wirtschaftliche und kulturelle Engagement der Egger, das sich in unzähligen Aktivitäten und Mitgliedschaften niederschlug: im Fall Ferdinands als ständischer Verordneter, als Mitglied der provisorischen Landesadministration (1805) und des „Großen Ausschusses", im Fall von Ferdinand Franz als Präsident des „Klagenfurter Musikvereins", im Fall von Franz als ständiger Ausschussrat, als Präsident der „Ackerbaugesellschaft" - 23 Jahre stand er dieser vor - , als Proponent bei der Gründung der „Kärntner Sparkasse" und als Mäzen im Schul- und Bildungsbereich. Obgleich als Nobilitierter ein Teil der „zweiten Gesellschaft", tendierte Franz zu den neuen bürgerlichen Werthaltungen. Er führte den Treibacher Zweig zum Zenit seines gesellschaftlichen Ansehens.
Was folgte, war ein kontinuierlicher wirtschaftlicher Abstieg. Während der 1850er-Jahre gerieten die Egger'schen Unternehmungen in eine veritable Krise, aus der sie keinen Ausweg fanden. Wie in anderen Fällen - man denke nur an die Rosthorn - stand der Niedergang mit der nachhaltigen montanindustriellen Krise, die Kärnten ab den späten 1860er-Jahren mit aller Intensität erfasst hatte, im Zusammenhang. Die Schließung des Lippitzbacher Werkes, in dem 1835 noch 152 Arbeiter beschäftigt waren, um 1845 war ein deutliches Indiz für die Probleme, mit denen Ferdinand Franz konfrontiert war. Man war nicht mehr imstande, all das zu erfüllen, was eine moderne Eisenindustrie ausmachte: eine massenhafte, rasche, gute und billige Produktion sowie eine adäquate Verkehrsanbindung an die Märkte. Damit fügten sich die Egger'schen Betriebe nahtlos in das Untergangsszenario der Kärntner Montanindustrie ein. In der „Großen Depression" von 1873 potenzierte sich die Krise nochmals. Was die Situation in Lippitzbach verschlimmerte, war ein zunehmendes Desinteresse Ferdinands Franz an der Ökonomie. Er leitete den Betrieb nicht mehr selbst; das taten für ihn - lange Zeit überaus erfolgreich - die Fabriksdirektoren, etwa Jakob Scheließnigg. Für Ferdinand war es keine Herzensangelegenheit mehr, Unternehmer zu sein. Die Beschäftigung mit den Musen war ihm wichtiger. Polyglott, in künstlerischen Fächern hochbegabt und ausgebildet, war ihm bewusst, dass er „einer thätigen Rolle in einem weiter ausgedehnten Wirkungskreis nicht mehr gewachsen wäre, vielleicht nicht aus Mangel an Fähigkeiten, sondern aus Mangel an Überzeugungen". So lautete die nüchterne Selbsteinschätzung. Er entsprach in seiner Geisteshaltung und seinem Lebensstil mehr dem Typus des „kunstsinnigen Landlords" als jenem eines "entrepreneurs". Sein Tod im Dezember 1860 setzte den Schlusspunkt unter die kurze Geschichte des Feistritzer Zweiges der Egger.
Was sich bei Ferdinand Franz andeutete, zeigte sich bei seinem Neffen Gustav (1808-1884), der die Besitzungen des Treibacher Zweiges geerbt hatte, in aller Deutlichkeit. Der ausgebildete Jurist wurde zum letzten Gewerken der gräflichen Familie Egger. Er war nicht mehr willens, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten als Industrieunternehmer zu agieren. Vielmehr zog er sich ganz auf seinen Agrarbesitz, der ihm eine ausreichende Lebensbasis bot, zurück. Verschwunden war der unternehmerische Geist, der die führenden Proponenten der Familie so lange ausgezeichnet hatte. Das „schöne Leben" hatte für Gustav Priorität. Der Abgang als Unternehmer war damit unausweichlich. Schrittweise zog sich Gustav aus der Wirtschaft zurück. Der Verkauf der Besitzungen am Hüttenberger Erzberg an die „Hüttenberger Eisenwerks-Gesellschaft" 1869 leitete diesen Rückzug ein. 1876 schied er, ohne je an einer Generalversammlung teilgenommen zu haben, aus dem Verwaltungsrat aus. Mit der vorausschauenden Veräußerung seiner Aktien an der „Österreichischen Alpine Montangesellschaft" 1881 war der Schlussstrich unter eine über 200 Jahre andauernde Familientradition im Kärntner Montanwesen gezogen. Lediglich Anteile an einer belgischen Eisen- und Stahlfabrik, in die er die aus dem Aktienverkauf gewonnenen Kapitalien investierte, bildeten noch eine Brücke zur Industrie. Sein Engagement im Kultur- und Geistesleben des Landes bot ihm ein willkommenes Ersatzbetätigungsfeld. In diesem trat er als Gönner, der aus einem beträchtlichen Vermögen schöpfte, auf. Die zahlreichen Ehrenmitgliedschaften, sein Interesse fur Mineralien und historische Altertümer, seine Sammlertätigkeit, seine Rolle als Mäzen des 1844 gegründeten Geschichtsvereines für Kärnten, dessen Mitglied er auch war, sowie sein Einsatz für den Bau eines Landesmuseums sind ein beredter Beweis hierfür. Dass er sich in Rottenstein eine schlossartige Villa erbauen ließ, um hier seinen Lebensabend zu verbringen, passte zu diesem Lebemann mit „einem bourgeoisen Lebensstil". Als er am 11. Juni 1884 76jährig verstarb, hinterließ er fünf Kinder - vier Töchter und einen Sohn - , von denen keines weder die unternehmerischen Talente der Vorfahren noch die kulturell-künstlerische Begeisterung geerbt hatte. Die Töchter machten teils „gute Partien" - Karoline heiratete einen Regimentsarzt, Gustava in erster Ehe Johann Gorton, Großgrundbesitzer, und sechs Jahre später dessen Cousin und Straßburger Bürgermeister Wilhelm Gorton - und der einzige Sohn, Franz Xaver Alois Emanuel Graf von Egger (1852-1904), widmete sich als Schöngeist und Bonvivant ganz den Reisevergnügungen. Nicht zufällig verstarb er während einer Reise. Mit seinem Tod war eine der bedeutendsten Unternehmerdynastien Kärntens, wenn auch der letzte Repräsentant nichts mehr mit der Wirtschaft zu tun hatte, an ihrem Ende angelangt. Der Name „Egger", der aufs engste mit dem Aufstieg, der Blüte und dem Niedergang der Kärntner Montanwirtschaft verbunden war, spielte fortan im Wirtschafts- und Gesellschaftsleben des Landes keine Rolle mehr.
Primär-Literatur des Geschichtsvereins für Kärnten:
Martin Stermitz, Die Grafen Egger 1848-1908. Eine Familiengeschichte (Dipl.arbeit, Klagenfurt 2005); Helmut Rumpier, Kärntens Wirtschaft im 19Jahrhundert: Das Ende des Montanzeitalters und die Krise der Modernisierung. In: Kärntner Landeswirtschaftschronik, hg. Verlag Gesellschaft für Wirtschaftsdokumentation (Klagenfurt 1992), 1/215-266; Kärntens gewerbliche Wirtschaft von der Vorzeit bis zur Gegenwart, hg. Kammer der Gewerblichen Wirtschaft für Kärnten (Klagenfurt 1951); Kurt Käser, Der innerösterreichische Eisenhandel in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Graz-Wien 1927); Johann Slokar, Geschichte der österreichischen Industrie und ihrer Förderung unter Kaiser Franz I . Mit besonderer Berücksichtigung der Großindustrie und unter Benützung archivalischer Quellen verfaßt (Wien 1914).
(Fotos: Landesmuseum Kärnten)
Literaturangabe
(1) Herausgeber: Geschichtsverein für Kärnten; Zweites Halbjahr 2008; S. 33 - 38