Auszug aus dem Brief des Professors Anton ANDERLUH vom 7.5.1963 betreffend die Geschichte des Kärntner Liedes "Lippitzbach".
In der Zeitung "Die Reichswehr" vom 23.Juni 1904 veröffentlichte Thomas Koschat eine lange Plauder über das Volkslied im allgemeinen, an die sich die Entstehungsgeschichte des Liedes " Lippitzbach is ka Tal " anschloss. Er erzählte folgendes:
"Dieses Lied is nach modernen, scharf abgegrenzten Begriffen eigentlich kein echtes Volkslied, sondern ein volksmäßiges oder volkstümliches; denn es ist weder elternlos, noch hat es das Volk an dessen Bearbeitung mitgetan. Der ältere Josef Ritter v. Metnitz ist der eigentliche Autor des Lippitzbach-Liedes. Mitte der 70-iger Jahre war es. Beim Eintreten in das Cafè Bauer (in Wien) erblickte ich meinen alten Freund Metnitz aus Bleiburg, wie er, am Stammtisch der Kärntner sitzend, eifrig in der heimatlichen Zeitung herumblätterte."
"Servus, Landsmann! Du hier?" begrüßte ich ihn.
"Ja, aber leider nur auf ein paar Tage", bemerkte er kurz. Da wir beide eifrige Klärntnerliedersänger waren, ließ ich unser Gesprächsstoff bald finden: Kärntnerlieder!
"Weißt du aber auch," sagte er plötzlich, "von wem das Lippitzbach-Lied herrührt?"
"Ja, von dir", fiel ich ihm ins Wort.
"Die Welt sagt aber, es wäre vom Wölwitsch Loisl", bemerkte er darauf in etwas gekränktem Tone.
"Wölwitsch hat mir ausdrücklich erklärt, das Lied stamme von dir! Seine Mitarbeit wäre minimal", betonte ich nachdrücklich. Die Wahrheitsliebe und echte freundschaftliche Stimmung des Dr. Wölwitsch machten auf Metnitz einen hochfreudigen Eindruck und er begann auf mein Ersuchen die Entstehung des Liedes zu erzählen.
"Ich hatte in Lippitzbach einen Freund, einen Beamten der Graf Eggerschen Gewerkschaft. Wir besuchten uns oft, da Lipptizbach und Bleiburg etwa zwei Stunden voneindander entfernt sind, allwächentlich an bestimmetn Tagen. Einmal hatte ich geschäftlich bei Graf Egger zu tun, just an dem Tage, als mein Freund zu mir kommen sollte. Um eine Fehlkreuzung zu verhüten, war ich schon früher von Bleiburg aufgebrochen und erblickte ihn, auf der Uferhöhe des Drauflusses angekommen, als er gerade eine Plätte besteigen wollte. Um mich bemerkbar zu machen, stieß ich mit Stentorstimme einen Ruf aus, und zwar im absteigenden Dreiklang (d-a-fis-d) auf die Silben: Tral-la-la-la.Mein Freund entdeckte mich sofort und antwortete mir ebenfalls im absteigenden Dreiklang, jedoch um eine Terz höher (fis-d-a-fis). Wir wiederholten usnere Rufe so lange, bis wir uns am Ufer die Hände schütteln konnten. Plötzlich vernahmen wir die Altstimme der sangeslustigen Kellnerin des Gewerksgasthauses. Die mit einem feinen Gehör begabte Kellnerin verband unsere Doppelrufe durch eine fast oktavlange, aufsteigende Skala, die zum Wechselakkord gehörte. Kurz darauf saßen wir unser vier im Gewerksgasthause beisammen, denn der Ortsschullehrer kam auch dazu. Das aus zwei gleichen, je viertaktigen Melodienphrasen bestehende Tra-la-la-la-Lied wurde nun wieder angestimmt, aber schon klang es vierstimmig und hörte sich auch ganz nett an. Mein Freund sang vor, die Kellnerein die Überschlagstimme; ich markierte den Baß und der Lehrer die Kärntnerquint. Ich habe noch schnell einen Text improvisiert, der also lautet:
"Lippitzbach is ka Tal is lei a Grab'n; is a scheans Diandle drin, das muaß i hab'm!"
In dieser Singart wurde das Lied in den umliegenden Ortschaften bald populär."
"Soweit die Erzählung des Josef R. v. Metnitz. - Dr. Wölwich lernte es bald kennen, es gefiel ihm und er ergänzte es durch einen Einschub nach den acht Anfanstakten durch Modulation nach der Dominanttonart, von der es nach acht Takten wieder in die Anfangsmelodie zurückkehrte. So eingerichtet wurde das Lied vom Wölwich-Quartett oft und oft gesungen."
1864 hörte das Lied bei den Klagenfurter Sänger-Festtagen Johann Herbeck daselbst, schrieb es auf, setzte es für Männerchor und führte es 1865 zu ersten Mal in Wien auf. Der Wieder MGV sang es dann oft und hatte es auf seinem ständigen Programm. Auch im gleichen Jahr beim deutschen Sängerbudesfest in Dresden sang er es vor 10.000 Sängern. Mit diesem und noch anderen Kärntnerliedern brillierte der Wiender MGV oftmals in Wien und auch in Venedig.
Nach dem Entwurf des LAbg. Dr. W. Mayrhofer von 15.5.1963, im Besitze der Herrn Karl v. Metnitz in Bleiburg.
Abgeschrieben am 2.12.1968 von Hrowath Stanislaus, VL-Lehrer in BLeiburg
2010 komponierte Peter Panhofer aus Sinabelkirchen (Steiermark) ein weiteres Lipptizbach-Lied: http://www.youtube.com/watch?v=feH2jd41i0E
Literaturangabe
(1) Sammlung: Othmar Mory